Spielend leicht zu nachhaltigen Ferien

Wie wird ein klassisches Landhotel möglichst nachhaltig? Kein einfacher Weg, der einen langen Atem braucht. Im Familienhotel Stern in Tirol geht man ihn trotzdem.

Maria Kapeller

 

Wenn viele Hände mitpflücken, ist der Korb rasch mit Spitzwegerich und Schafgarbenblättern gefüllt. Jetzt schnippeln die Hotelgäste gemeinsam mit Kräuterfee Elfi Stolz das frische Grün, während sie den Teig für die Kräutergnocchi aus den Kartoffeln vom eigenen Feld knetet. In der kleinen, urigen Holzhütte hinter dem Familienhotel Stern im Tiroler Ort Obsteig wird regelmässig verkocht, was bei der gemeinsamen «Mundräuber»-Tour im Wald und auf der Wiese gesammelt wurde.

Das «Mundräubern» ist Teil des Klima-Spiels, das Hotelchef René Föger für seine Gäste entwickelt hat. Unter dem Motto «Genussvoll was Gutes für das Klima und die Natur tun» will er seine Gäste spielerisch dazu animieren, in den Ferien die Natur zu geniessen und dabei Ressourcen zu schonen. Punkte sammeln für das Klima-Spiel kann etwa auch, wer sich für ein fleischloses Abendmenü entscheidet, die vom Hotel ausgegebene Trinkflasche mit Leitungswasser befüllt, auf den Aufzug verzichtet oder vor dem Schwimmen duscht. Wenn das alle machen, reduziert sich der Chloreinsatz im Öko-Hallenbad um die Hälfte. Föger ist überzeugt: «Wenn es um Genuss und Erholung geht, ist ein spielerisches Vorgehen besser als Bevormundung.»

Als der Hotelier im Jahr 2004 als 27-Jähriger das Haus von seinen Eltern übernahm, war es ein Sanierungsfall. Die Not zwang ihn dazu, kreativ zu werden. Er suchte Unterstützung bei Andrea Dietl, die mit ihrem Unternehmen «knallgrün – new eco» Hotels und touristische Organisationen im Bereich nachhaltige Entwicklung und gesellschaftliche Verantwortung berät. Gemeinsam starteten sie einen Veränderungsprozess, um das Hotel zukunftsfit zu machen. Dazu gehörten viele offene Gesprächsrunden, etwa mit Mitarbeitenden, Nachbar*innen oder Produzent*innen. Ausserdem wurden alle hotelinternen Kennzahlen wie etwa zu Stromverbrauch oder Müllaufkommen gesammelt um zu schauen, wo das grösste Einsparungspotenzial ist.

Spielerisch und genussvoll was Gutes für das Klima und die Natur tun. Mit einem ganzheitlichen Ansatz setzt der Stern bei der Nachhaltigkeit neue Standards.


Alles möglichst lokal

Seither hat sich viel getan. Heute erzeugt das Hotel einen Teil der benötigten Energie selbst und kauft den Rest als Ökostrom zu. Das 2021 eröffnete Öko-Hallenbad hat eine minimalistische, ressourcensparende Architektur und ist auch für die Einheimischen zugänglich. Alle Holzbauarbeiten wie den Bau neuer Betten und Schränke übernimmt Fögers Bruder, der im Ort eine Tischlerei betreibt. In der Küche werden fast ausschliesslich Lebensmittel von regionalen Lieferant*innen verarbeitet – Milch, Eier, Joghurt, Fleisch und Gemüse. «Wir machen so viel wie möglich selbst, etwa alle Mehlspeisen, und verwerten Fleisch und Gemüse vollständig», erklärt Küchenchef Niklas Rappold. Vegetarische und vegane Speisen stehen immer öfter auf der Menükarte, denn vor allem Rindfleisch hat in der Erzeugung einen sehr hohen Klimafussabdruck.


Im Jahr 2023 hat das Hotel seinen Nachhaltigkeitsbericht erstmals öffentlich zugänglich gemacht. Mit den eigenen Massnahmen könne man zwar im Kleinen etwas bewegen, sagt Hotelchef Föger. Viel wichtiger sei aber die Wirkung als Multiplikator. «Wenn wir bei den vielen Menschen in unserem Umfeld etwas bewegen, haben wir insgesamt einen grossen Effekt.» Eine immense Wirkung hat auch die umliegende Natur auf die Gäste. Gleich hinter dem Hotel starten Velo- und Wanderwege, die durch die geschützten Larchwiesen führen.

Viele Familien geniessen es, mit der Picknickdecke oder Hängematte loszuziehen und unbeschwerte Stunden auf den sanften Wiesen unter den Lärchen zu verbringen. Am Waldspielplatz bauen die Kinder unter Anleitung Baumhäuser, lauschen im Tipi Geschichten oder toben sich am Flying Fox aus. Im Frühling können sie beim «Ausputzen» der Larchwiesen helfen, im Sommer Heu ernten, im Herbst Kartoffeln ernten oder Pilze suchen – und gemeinsam mit Kräuterfee Elfi Stolz frisch verkochen.


Familienhotel Stern

Das Familienhotel Stern in Obsteig am Mieminger Plateau in Tirol trägt das österreichische Umweltzeichen. Durch zahlreiche Massnahmen wurde der Ausstoss klimawirksamer Emissionen (CO2-e) pro Nächtigung von 12,5 Kilogramm im Jahr 2010 auf etwas mehr als sieben Kilogramm gesenkt – ein weltweiter Spitzenwert in der Hotellerie. Nicht vermeidbare Emissionen werden mit Klimaschutzprojekten kompensiert. Ein Teil der nachhaltigen Strategie: Wer als Gast mit dem Zug anreist, wird kostenlos vom Bahnhof Telfs oder Ötztal abgeholt und erhält 5 Prozent Rabatt auf den Aufenthalt. www.hotelstern.at

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